Gewohnheiten ändern! Wie lange dauert es?

Wenn wir Gewohnheiten ändern wollen, wollen wir doch auch wissen, wie lange dieser Prozess dauert. Bezüglich Motivation, Hoffnung und Strategie macht es doch einen grossen Unterschied, ob es nun 2 Wochen oder 2 Monate dauert, bist eine Gewohnheit automatisiert ist. Sucht man in Selbsthilfe-Büchern nach einer Antwort auf die Frage, gibt es ganz unterschiedliche Meinungen: 3 Tage, 21 Tage, 2 Monate oder 1 Jahr. In diesem Artikel hier gebe ich dir basierend auf wissenschaftlichen Studien eine differenzierte Antwort.

21 Tage – Beobachtungen von Maltz (1960)

Maxwell Maltz war ein praktizierender Schönheitschirurg in den 1950er Jahren, als er ein eigenartiges Muster bei seinen Patienten wahrnahm. Wenn er eine Operation vornahm, wie zum Beispiel eine  Nasen-OP, bemerkte er, dass seine Patienten etwa 21 Tage brauchten, um sich an die «neue» Nase zu gewöhnen. Ähnlich ging es auch Patienten, denen ein Arm oder ein Bein amputiert wurde. Auch bei ihnen hatte Maltz den Eindruck, dass sie sich nach circa 21 Tagen an die neue Situation gewöhnt hatten.

Die beruflich gemachten Erfahrungen versuchte er später auch bei sich selber aus, indem er versuchte, eigene Gewohnheiten zu ändern. Wiederum kam er auch hier zum Schluss, dass er durchschnittlich mindestens 21 Tage benötigte, um die neue Gewohnheit verinnerlicht zu haben. Seine Erkenntnisse publizierte er 1960 in seinem Buch Psycho-Cybernetics. Es wurde mit über 30 Millionen verkauften Exemplaren zu einem riesen Erfolg.

Und hier begann das Problem!

In den darauf folgenden Jahren stützen sich viele Selbsthilfe-Gurus auf die Erkenntnisse von Maltz. Der Glaube, dass es 21 Tage dauert, um eine Gewohnheit zu etablieren, verbreitete sich schnell auf der ganzen Welt. Das Problem dabei war, dass all die Selbsthilfe-Gurus das Werk von Maltz wohl nicht aufmerksam genug durchgelesen haben. Denn Maltz schrieb in seinem Werk nie, dass es genau 21 Tage dauert. Er sagte, dass es MINDESTENS 21 Tage braucht. Gewohnheiten ändern braucht mindestens 21 Tage. Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

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Und so verbreitete sich in unserer Gesellschaft der Mythos, dass es nur 21 Tage braucht, um ein Verhalten zu ändern. Wenn genügend Menschen etwas oft genug erzählen, dann beginnt es jeder zu glauben.

Es ist aber auch irgendwie verständlich, warum sich dieser 21-Tage-Mythos verbreitete. Er ist leicht zu verstehen. Die Zeitspanne ist kurz genug, um zu inspirieren und lang genug, um es zu glauben. Und wem würde die Idee nicht gefallen, sein Leben in nur 3 Wochen zu verändern?

Wie bereits erwähnt, stammen die Erkenntnisse von Maltz aus dem Jahr 1960. Es macht also Sinn, sich einmal damit zu befassen, was die Wissenschaft in den darauf folgenden Jahren zu diesem Thema gesagt hat. Konnten die Annahmen von Maltz bestätigt oder widerlegt werden?

66 Tage – Philippa Lally  

Philippa Lally ist eine Forscherin am University College London. In einer Studie, die im “European Journal of Social Psychology“ veröffentlich wurde, beschlossen Lally und ihr Team herauszufinden, wie lange es wirklich braucht, um ein neues Verhaltensmuster zu etablieren.

Bei der Studie wurden die Gewohnheiten von 96 Teilnehmer über einen Zeitraum von 12 Wochen beobachtet. Jeder dieser Teilnehmer entschied sich für eine neue Gewohnheit und berichtete täglich, ob er die Gewohnheit durchführte und wie automatisch sie ausgeführt wurde.

Die Art der Gewohnheiten waren sehr unterschiedlich. Einige Teilnehmer entschieden sich dafür, von nun an zum Essen jeweils eine Flasche Wasser zu trinken. Andere hatten zum Ziel, vor dem Abendessen circa 15 Minuten laufen zu gehen.

Die Wissenschaftler begleiteten die Teilnehmer während 12 Wochen. Abschliessend wurden die gesammelten Daten analysiert.

Die Erkenntnisse?

Durchschnittlich braucht es über 2 Monate, bis ein neues Verhalten automatisiert ist. 66 Tage um genau zu sein.

Wie lange es wirklich dauert, hängt aber von verschiedenen Faktoren (Person, Umfeld, Strategie, Verhalten usw.) ab. In der Studie wurde erwähnt, dass es zwischen 18 und 254 Tage dauern kann, bis die neue Gewohnheit tatsächlich einen festen Teil des Lebens wird.

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Was heisst das für dich? Erwarte nicht, dass deine neue Gewohnheit nach 21 Tagen automatisiert ist. Gib dir Zeit. Es kann bis zu 8 Monaten dauern.

Unregelmässiges Ausüben der Gewohnheit

Eine wertvolle und positive Erkenntnis aus der Studie ist folgende: Es ist nicht schlimm, wenn man die “neue” Gewohnheit mal vergisst auszuüben. Wenn man es das eine oder andere Mal vergisst, hat das keinen signifikanten Einfluss darauf, wie lange es dauert, bis das Verhaltensmuster automatisiert ist. Eine neue Gewohnheit zu etablieren ist also kein Alles-Oder-Nichts-Prozess.

Sich von der Studie inspirieren lassen

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie du dich von den Erkenntnissen der Studie inspirieren lassen kannst.

Erstens: Gut Ding will Weile haben. Nimm dir Zeit, wenn du Gewohnheiten ändern möchtest. Geh davon aus, dass es sicherlich länger als 21 Tage dauern wird. Rechne mindestens mit zwei Monaten. So wirst du weniger enttäuscht sein, wenn die Gewohnheit nach 21 Tagen noch nicht etabliert ist.

Zweitens: Du musst nicht perfekt sein. Wenn du ab und zu mal das neue Verhaltensmuster vergisst oder nicht ausübst, ist das auf lange Sicht nicht weiter schlimm. Diese Erkenntnis nimmt den Druck weg.

Drittens: Die Dauer für das Implementieren von neuen Gewohnheiten ist von Person zu Person sehr unterschiedlich. Warum? Aus ganz vielen Gründen. Das heisst aber auch, dass wenn du eine möglichst günstige Umgebung schaffst, dass es dann bei dir vielleicht ein wenig schneller funktionieren wird. Du kannst dir es also einfacher oder schwieriger machen. Du hast einen Einfluss auf die Erfolgschance. Eine Möglichkeit, den Prozess allenfalls zu verkürzen, ist das Anwenden der Nudge-Technik, die ich in diesem Beitrag hier genauer erklärt habe.

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